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Der smarte Unterschied: Von Geodateninfrastrukturen zur offenen urbanen Datenplattform – und zurück 

Der smarte Unterschied: Von Geodateninfrastrukturen zur offenen urbanen Datenplattform – und zurück 
Foto: Stephanie Niehoff

Offene urbane Datenplattformen (OUPs) wie die DKSR-Datenplattform sollen es Städten ermöglichen, smart(er) zu werden. Durch sie sollen die Unmengen an Daten, die in unserer bebauten Umgebung täglich produziert werden, für eine nachhaltige Gestaltung von Städten genutzt werden können. Doch reichen bestehende Geodateninfrastrukturen dafür nicht aus? Die kommunalen Geoinformationsämter haben häufig bereits Erfahrung in der Erhebung, Auswertung, Verwaltung und Verteilung von Daten mit räumlichem Bezug, an denen öffentliches Interesse besteht. Sie betreiben Geodateninfrastrukturen (GDIs), über welche großen Mengen von raumbezogenen Daten für verschiedenste Adressaten aufbereitet und in Form von Karten zur Verfügung gestellt werden. Da stellt sich die Frage:  

Sind Geodateninfrastrukturen offene urbane Datenplattformen?  

Kann die eine die andere Infrastruktur ersetzen? Oder werden beide für die smarte Stadt benötigt? Sehen wir uns zunächst noch einmal an, was eine GDI leistet: Eine GDI beschreibt auf der Datenebene genau, welche Informationen zu Gebäuden, Bodennutzungen, statistischen Einheiten etc. in verlässlicher Qualität und in einheitlichen Formaten bei den zuständigen Vermessungsbehörden zu finden sind. Außerdem definiert sie, wie ein*e Nutzer*in diese Daten über einen Web-Service abgreifen kann. Mit einer einheitlichen Datengrundlage und mit einheitlichen Services haben nun alle städtischen Fachsysteme aus unterschiedlichen Abteilungen einen zentralen Zugriffspunkt.  

Die Geodateninfrastruktur als zentraler Zugriffspunkt für raumbezogene Daten 

Daten aus dem einen Amt können hier abgelegt werden, um von einem anderen wieder aufgenommen zu werden. Durch geographische Informationssysteme (GIS) können diese Daten dann anschließend analysiert, aufbereitet und visualisiert werden. Letzteres geschieht häufig web-basiert über Geodatenportale. Das momentan populärste Beispiel eines Geodatenportals ist wohl das Master Portal der freien Hansestadt Hamburg, entwickelt vom ansässigen Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung (LGV). Das Master Portal steht unter einer Open Source Lizenz zur freien Verwendung zur Verfügung und wurde bereits von vielen weiteren Städten implementiert. Der Mehrwert liegt in der Vernetzung der Bestandsdaten, die zwar vorher bereits in der Stadt vorhanden waren, aber eben isoliert voreinander, gefangen in den Silos der einzelnen Fachabteilungen. Nun werden sie von der GDI befreit. Ein klarer Mehrwert für das Stadtmanagement. Von hier zur OUP ist es nur noch ein kleiner, aber entscheidender Schritt. 

Urbane Daten sind mehr als die Daten der öffentlichen Hand. 

Urbane Daten sind zwar meistens raumbezogen, werden aber nicht primär zu diesem Zweck erhoben, wie es bei den GDIs der Fall ist. Sie entstehen durch sogenannte “Smart City”-Anwendungen, die unmittelbar in das Gewebe unserer urbanen Lebensräume integriert sind. Dazu gehören Daten, die generiert werden, wenn wir mit dem Smartphone ein Fahrrad bei einem Sharing-Anbieter buchen, ebenso wie Daten, die durch Feinstaubsensoren erhoben werden. Sie entstehen zum Beispiel durch feste und drahtlose Telekommunikationsnetze, digital gesteuerte Versorgungsdienste und Verkehrsinfrastrukturen, Sensor- und Kameranetzwerke, intelligente Gebäudemanagementsysteme, und und und… Um aus diesen Daten sinnvolle Anwendungen zu generieren, müssen sie angebunden, harmonisiert, prozessiert und an verschiedenste Konsumenten weitergegeben werden. Dies übernimmt eine OUP.  

Vernetzte Echtzeit-Daten 

Dazu ein fiktives Beispiel einer vernetzten Smart City-Anwendung, die Umwelt-, Sicherheits-, und Verkehrsdaten nutzt: Ein intelligentes Gebäudesystem entdeckt eine überdurchschnittliche Temperatur. Dadurch wird eine Brandgefahrenmeldung getriggert. Die zuständige Feuerwehr erhält die Information und macht sich auf zum Einsatzort. Offensichtlich muss dies alles in (naher) Echtzeit passieren. Ein Portal an dieser Stelle wäre wenig hilfreich, denn das würde bedeuten, dass der Feuerwehrmitarbeitende von diesem Brand erst informiert wird, wenn er das nächste Mal aktiv die Information abruft.  

Smarter Brandschutz mit allen Konsequenzen 

Zugegeben, ein vernetzter Feuermelder ist noch nicht besonders smart. Über eine OUP kann jedoch gleichzeitig mit dem Verkehrsleitrechner kommuniziert werden. Dieser steuert über eine komplexe Ereignisverarbeitung die Lichtsignalanlagen so, dass der Verkehrsfluss für den Feuerwehreinsatz umgeleitet werden kann. Parallel könnten je nach Verkehrsmodi viele betroffene Verkehrsteilnehmende eine Meldung in ihr Navigationssystem, auf ihre Radwege-App oder auf die App des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erhalten, inklusive eines Re-Routings-Algorithmus‘, welcher den Betroffenen Mobilitätsalternativen vorschlägt. Es könnte des Weiteren über eine KI nachgedacht werden, die in der Lage ist, die Situation zu beurteilen und dem städtischen Krankenhaus und der Polizei eine Gefahrenprognose kommuniziert. Der Vorstellung sind erst einmal keine Grenzen gesetzt.  

Die offene urbane Datenplattform ist die Basis der Smart City. 

Im Gegensatz zur Geodateninfrastruktur fokussiert sich die OUP also nicht auf die Verteilung von Informationen in visueller Form. Stattdessen verarbeitet sie unterschiedlichste Datenquellen für unterschiedlichste Konsumenten (Personen und Maschinen). Wie kommen nun beide Systeme zusammen? Eine vollständige Migration des kommunalen Geodatenbestandes in ein event-basiertes System wäre zwar durchaus möglich, jedoch aufwändig und nicht unbedingt zweckdienlich. Aber: Alle Datenquellen, die in einer OUP zusammenfließen, besitzen Metainformationen. Ein Feinstaubsensor misst nicht nur die Luftqualität, er besitzt auch Informationen zu seiner Lokation. Geodaten entstehen also nebenbei und automatisch. Als Faustregel gilt häufig, dass 80% aller Daten einen Raumbezug besitzen.  

Die Dimension Zeit erhält Einzug in die bisher statischen Geodaten 

Diese Daten bieten neue und tiefere Einsichten in das urbane System, auch im Sinne einer GDI. Für Planer*innen und Entscheider*innen ist eine enge Verzahnung von OUP und GDI entsprechend sinnvoll: Die OUP kann der GDI eine bisher nicht genutzte Attribuierung der Geodaten ermöglichen. Ein Straßensegment erhält dann nicht nur statische Attributinformation wie Flächennutzung (=Verkehr), sondern auch Informationen wie aggregierte Durchschnittsgeschwindigkeiten an Wochentagen, Auslastungen über den Tagesverlauf oder Parkraumdruck am Wochenende. Ziel von OUP wie der DKSR Datenplattform ist es daher nicht, bestehende kommunalen Systeme zu ersetzen; Ziel ist es, die Daten aus unterschiedlichsten Quellen einzubinden und in dem Format auszugeben, in dem sie benötigt werden, um die bestehenden Systeme anzureichern. Eine GDI und eine OUP sind so zwei komplementäre Teile einer Dateninfrastruktur für zukünftige Smart Cities.  

Bei weiteren Fragen zum Thema oder zum Artikel wenden Sie sich gerne an Lukas Koch!